Bei der Überarbeitung der Rohfassung ist es wieder passiert. Ich habe das Schreibprojekt vor einem Jahr einschlafen lassen. Über ein Jahr habe ich nicht mehr an meinem Manuskript gearbeitet. Warum gelingt es mir nicht, dranzubleiben? Hier eine Analyse meiner momentanen Ist-Situation.
Was bisher geschah…
Nachdem ich meine Rohfassung in drei Wochen fertig hatte, bin ich voller Elan das Manuskript mit der Buch-Architektur-Methode mit der Überarbeitung eingestiegen. Ich habe eruiert, was gut oder schlecht an der Story ist, Szenen verschoben, gestrichen oder bestimmt, welche Szenen noch fehlen, oder komplett umgeschrieben werden müssen. Die Charaktere überprüf und festgestellt, dass ich einen Charakter von männlich auf weiblich umschreiben sollte, damit er/sie besser funktioniert. Dann festgestellt, dass der Cast zu Frauen lastig ist und das Geschlecht einer weiteren Person geändert.
Ja, das sind viele Eingriffe. Ich bin überzeugt, dass sie die Story besser machen. Doch es sind grobe Änderungen am Text nötig.
So habe ich begonnen, den Text in einem neuen Dokument zu ändern. Ich möchte die Originaldatei behalten, um sie mit dem Endresultat vergleichen zu können. Doch nach einiger Zeit fühlte sich die Arbeit überwältigend an. Ich hatte das Gefühl, nicht voranzukommen. Und so habe ich mich immer seltener an der Überarbeitung gesetzt, bis ich es schliesslich ganz bleiben lies.
Welche Wiederstände sind für die Pause verantwortlich?
Überforderung: Die Aufgabe erscheint mir zu gross. Ich muss fast an jeder Szene etwas umschreiben, da so viele Teile betroffen sind. Jede Szene, bei der diese Figuren vorkommen. Neue Szenen schreiben und andere umschreiben.
Fehlende Planung: Bei der Rohfassung hatte ich durch die Kapiteleinteilung genügend Eckpfeiler, um mich von diesem Grobplan beim Schreiben leiten zu lassen. Zusätzlich habe ich mir einen Schreibplan gesetzt, um meinen Fortschritt verfolgen zu können.
Keine Zielsetzung: Die Zielsetzung bei der Rohfassung war klar abhängig von der Wortzahl. Doch beim Überarbeiten funktioniert das nicht. Weil ich nicht wusste wie ich die Ziele setzen sollte, habe ich es gelassen.
Fehlende Motivation: Meine Motivation ist gesunken, da ich bei vielen Punkten nicht weiss, wie ich sie besser machen kann. Dadurch blieben die Erfolgserlebnisse aus und die Motivation ist kontinuierlich gesunken.
Berufliches Engagement: Schreiben passiert nicht im luftleeren Raum. Ich habe eine neue Stelle angenommen. Ich habe dann intern die Stelle gewechselt und musste mich in ein völlig fremdes Tätigkeitsgebiet einarbeiten. Das hat dem Schreiben am Manuskript den Todesstoss versetzt. Ich hatte schlicht nicht mehr die Energie, nach der Arbeit oder Ausbildung noch weiterhin geistig tätig zu sein.
Lösungen
- Überforderung durch die Grösse der Aufgabe:
Lösung: In kleinere Einheiten unterteilen und Prioritäten setzen
Schrittweises Vorgehen: Anstatt zu versuchen, alles auf einmal zu überarbeiten, teile die Aufgabe in kleinere, überschaubare Schritte auf. Überlege dir, welche Szenen oder Abschnitte zuerst überarbeitet werden müssen, basierend auf ihrer Wichtigkeit für die Gesamtstruktur der Geschichte.
Fokus auf wesentliche Änderungen: Identifiziere die zentralen Aspekte, die die meisten Szenen betreffen, und arbeite gezielt an diesen. Du musst nicht jede Szene gleichzeitig umschreiben – wenn du den Kern eines Problems löst, wird es oft einfacher, den Rest zu bearbeiten.
Tägliche Ziele setzen: Definiere kleine tägliche oder wöchentliche Ziele, wie z.B. „Heute überarbeite ich zwei Szenen“ oder „Diese Woche werde ich den Plot in Kapitel 3 und 4 klären“.
- Fehlende Planung:
Lösung: Detailliertere Planung für das Überarbeiten
Überarbeitungsplan erstellen: Anstatt dich auf einen groben Plan zu verlassen, erstelle eine detaillierte Übersicht, die sich speziell auf die Überarbeitung konzentriert. Setze dir Meilensteine für die Verbesserung der Handlung, der Charakterentwicklung und anderer wichtiger Elemente.
Visualisiere die Handlung: Du könntest Mindmaps, Szenenübersichten oder eine detaillierte Timeline verwenden, um die Entwicklung der Geschichte im Blick zu behalten. Dies hilft dir, Struktur in die vielen Änderungen zu bringen und nichts zu übersehen.
Flexibilität einplanen: Akzeptiere, dass sich der Plan beim Überarbeiten möglicherweise ändern muss. Flexibilität ist wichtig, wenn du tiefer in die Geschichte eintauchst und neue Ideen entwickelst.
- Keine Zielsetzung:
Lösung: Ziele für den Überarbeitungsprozess setzen
Qualitative Ziele setzen: Statt nur eine Wortzahl als Ziel zu verfolgen, konzentriere dich auf qualitative Ziele. Zum Beispiel: „Ich möchte heute eine Szene so umschreiben, dass der Konflikt klarer wird“ oder „Ich werde heute die Motivation meiner Hauptfigur stärker herausarbeiten“.
Fokussierte Teilziele: Erstelle konkrete, erreichbare Teilziele, wie etwa: „Heute überarbeite ich nur Kapitel 2“, oder „Diese Woche konzentriere ich mich auf die Charakterentwicklung von Figur X“.
Reflexion der Fortschritte: Am Ende der Woche oder des Monats könntest du den Fortschritt reflektieren, um herauszufinden, was gut funktioniert hat und was du in Zukunft anders machen möchtest.
- Fehlende Motivation:
Lösung: Motivation durch kleine Erfolge zurückgewinnen
Kleine Erfolge feiern: Feiere jeden noch so kleinen Fortschritt. Selbst eine erfolgreich überarbeitete Szene oder eine Verbesserung des Dialogs kann als Erfolg gewertet werden. Belohne dich selbst für jedes erreichte Ziel, um deine Motivation zu steigern.
Feedback einholen: Hol dir Feedback von anderen, sei es durch ein Schreibnetzwerk, einen Freund oder einen Mentor. Positive Rückmeldungen können die Motivation anregen und dir helfen, die nächsten Schritte klarer zu sehen.
Schreibgewohnheiten entwickeln: Setze dir feste Schreibzeiten und halte dich an diese Routine. Regelmässiges Schreiben, auch wenn es nur kurze Abschnitte sind, kann helfen, den inneren Druck zu reduzieren und den Fortschritt sichtbar zu machen.
- Berufliches Engagement:
Lösung: Integration des Schreibens in deinen Alltag
Schreiben in kleinen Schüben: Versuche, kleine Schreib- oder Überarbeitungsphasen in deinen Tag zu integrieren, auch wenn es nur 15-30 Minuten nach der Arbeit sind. Du musst nicht stundenlang am Stück arbeiten, sondern kannst das Schreiben in dein Leben einbauen, ohne dich überfordert zu fühlen.
Schreibzeiten fest einplanen: Blockiere feste Zeiten in deinem Kalender für das Schreiben, auch wenn du wenig Energie hast. Ein fester, aber flexibler Zeitrahmen kann helfen, die Schreibarbeit als Teil deines Alltags zu etablieren.
Stressbewältigung: Achte darauf, deine körperliche und geistige Gesundheit zu pflegen. Wenn du dich nach einem langen Arbeitstag ausgelaugt fühlst, kann ein Spaziergang oder eine kleine Auszeit helfen, deine Batterien wieder aufzuladen.
Fazit:
Es ist wichtig, sich nicht von der Vielzahl an Aufgaben und Anforderungen überfordert zu fühlen. Dank der Analyse der Ist-Situation habe ich Lösungsansätze entwickelt, die mich wieder zurück auf Kurs bringen. Ich möchte meine Überarbeitung nun besser vorbereitet wieder aufnehmen.
Bis zum nächsten Mal
Euer Reggy
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